Thursday, December 06, 2007

Le Nozze di Figaro - Review

Ich habs getan. Ich hab mir tatsächlich den Figaro der letzten Salzburger Festspiele angesehen. Trotz Anna Netrebko. Und ich fand ihn toll. Aber der Reihe nach:

Die Inszenierung ist großartig. Gewöhnungsbedürftig im ersten Akt, danach einfach nur genial. Sehr puristisch, ohne in den Minimalismus abzugleiten wirkt sie die ganze Zeit frisch und modern. Das Bühenenbild besteht eigentlich nur aus großen Treppen, weißen Herrenhauswänden und übergroßen Fenstern, die Kostüme sind fast alle schwarz. Sehr interessant finde ich die Figur des Amor, eine Regieidee die ich so zum ersten Mal gesehen habe. Quasi die ganze Oper über kommt immer wieder dieser junge Mann mit Flügeln auf die Bühne (der in der klassisch-puristischen Umgebung sehr surreal wirkt) und lenkt die Leidenschaften der Protagonisten, streut ihnen mit Federn den Weg oder steuert sie gar wie Marionetten. Sehr interessant. Hat mich total an den "Hass" in Romeo & Julia aus Frankreich erinnert...

Die Besetzung ist klasse. Komplett. Sogar Anna. Von ihrer Stimme bi Aida abgeschreckt habe ich mich dem Netrebko-Fieber ja komplett verweigert, aber ich muss sagen, diese rolle hier spielt sie gut. Ihre Susanna ist lustig, lieblich und verschmitzt, ohne jemals kindlich zu wirken oder ins Divenhafte abzudriften. Doch obwohl sie eindeutig der "Stargast" in dieser Fassung ist, heimsen den Triumpf dann doch ihre Kollegen ein, denn auch wenn sie technisch perfekt ist, es mangelt ihr an stimmlichem Ausdruck. In etwa so wie wenn Lang Lang Klavier spielt. Perfekte Technik, unglaubliche Perfektion aber leider mangelnde Seele. Wirklich gelungen. D. Röschmann als Gräfin überzeugt durch ihre Ausdruckskraft. Ist schon interessant, vor einigen Jahren hat sie bei eben den Festspielen noch die Susanna gespielt, nun ist sie eine genaz Ecke reifer geworden. Sowohl schauspielerisch als auch stimmlich.
Ildebrando D'Arcangelo (wie geil ist dieser Name bitte???) gibt einen recht jungen, aber dynamischn Figaro. So eine tolle stimme traut man diesem, doch etwas schmächtigem Kerl gar nicht zu.
Bo Skovhus als Graf ist brilliant! Nicht nur, weil ich die Figur so gerne mag, ehrlich! Ich bin ja ein eingefleischter Fan von Rodney Gilfry, aber was Herr Skovhus hier hinlegt ist eine Glanzleistung. Überhaupt lenkt diese Inszenierung das Augenmerk weg von der Geschichte Susanna/Figaro/Graf und konzentriert sich eher auf die Bezihung des Grafen zu seiner Frau. Zwischen den Beiden knistert es hier die ganze oper über immer noch gewaltig auf der körperlichen Ebene, nur scheinen sie vergessen zu haben, wie sie miteinander reden können. Gerade der zweite Akt, speziell die Duette der Beiden und das Terzett mit Susanna ist schon zum Teil nicht mehr jugenfrei. (Für Opernverhältnisse...)
Ein weiteres Highlight war Christine Schäfer als Cherubino. Ein kindlicher Blondschopf im Matrosenanzug mit einer Darbietung von erschütternd tragischer Spannung, zart, fiebrig, tieftraurig und doch über allem schwebend. Groß.artig!:

Naja, und dieser Amor... Meine Güte, teilweise so slashig wie manche Neumeier Ballette. Gerade Figaros "Se vuol ballare" im ersten Akt... *hui*

Also, diese Inszenierung ist wirklich sehenswert, kommt mit einer Menge Extras auf 2 DVDs in sehr guter Ton und Bildqualität daher. Unbedingt angucken!

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